Liebe Genoss*innen, Liebe Freund*innen,
Lange galt das Eurozeichen vor der alten Europäischen Zentralbank EZB ausschließlich als ein Symbol der arroganten Macht. Ein Symbol derjenigen, die inmitten ihres exklusiven Lebensstils glauben, mit Hartz-IV sei ein würdiges Leben lebbar.
Seit über einem halben Jahrzehnt wissen wir aber auch – wir, die wir hier anwesend sind –, dass die Geschichte dieses Platzes erweitert wurde. Und mit ihr auch dessen Bedeutung. Erweitert – bereichert wagen wir uns zu sagen – um die Geschichten der Ausgeschlossenen und Kämpfenden.
Die Rede ist von Blockupy. Blockupy, das ist eine kleine aufmüpfige Idee die im Sommer 2010 in einem stickigen Frankfurter Zimmer zwischen knapp 20 Anwesenden und unter ziemlich prekären Umständen erstmals gedacht wurde. Eine Idee, die fünf Jahre später am 18. März 2015 20.000 Protestierende aus vielen Ecken der EU anzog, um auf den Straßen der Metropole des Geldes und des Kapitals auszurufen: „Wir scheißen auf eure Krise!“
Die Stärke von Blockupy liegt nicht in diesem aufrührerischen Ausruf – vor allem dann nicht, wenn die gesellschaftliche Linke nach wie vor dermaßen isoliert ist inmitten der sie umgebenden Gesellschaft. Die Stärke von Blockupy liegt in der Erfahrung, dass aus 20 plötzlich 20.000 werden können. Dass eine Idee, so tollkühn sie auch sein mag, sich materialisieren und auch entladen kann. Dass eine geduldige Organisierung, eine beflissentliche Vorbereitung und die notwendige Bereitschaft im Kollektiv zu denken und zu handeln, so viel mehr bewirken können als eine einzelne Person oder eine sektiererische Kleingruppe.
Wegen alldem verbindet uns etwas Besonderes mit diesem Platz der hyperschnellen Kapitalvermehrung: Hier durften wir nicht sein, hier wurden wir verprügelt, aber hier haben wir auch die Erfahrung der Solidarität praktisch erleben können. Wir wollen diesen Platz und den 18.03. als Anlass nehmen, Blockupy noch einmal Revue geschehen zu lassen!
Als Blockupy 2012 begann, hatte die Stadt ungemein Angst vor uns. So viel Rabbatz machte sie um uns, dass wir fast selbst schon glaubten, wir würden Frankfurt in Schutt und Asche legen. Am Ende waren es panische Ordnungsbeschlüsse, vollgepumpte Bullen und die Hysterie der Herrschenden, die die Stadt teilweise für eine kurze Zeit lahmlegten. Straßen waren tagelang nur für Anwohner*innen betretbar, überall gab es Sicherheitskontrollen, unser Protestcamp und sämtliche Veranstaltungen wurden verboten – das schon damals lang ausharrende Occupy-Camp sogar für die Tage geräumt.
2013 durften wir dann zwar ein Camp aufbauen, aber unsere Demonstration wurde nach wenigen Metern grundlos umzingelt, angegriffen, aufgelöst. In den Stunden, die der brutale und feige Angriff der Bullen dauerte, überraschten wir uns jedoch selbst: mit unserer ganz praktischen Erfahrung von Solidarität. „We are your friends“, riefen wir uns gegenseitig zu, während sich die nach Gewalt lechzende Staatsmacht an unserem körperlichen Schmerz ergeilte.
Zu Beginn von Blockupy hätten wir nie gedacht, was anderthalb Jahre später im Herbst 2014 passierte: wir stürmten die Baustelle der neuen EZB, die Baustelle des dunklen unnahbaren Turms von Mordor. Und mit dem Sturm setzten wir nicht nur den Termin für 2015, sondern verkündeten auch die schnell sich verbreitende Parole „Für ein Ende der Traurigkeit“.
Schließlich, am einem stinknormalen Mittwoch sollten wir die EZB-Eröffnung kurzfristig zum Disaster machen. Es war der 18. März 2015, Tag der politischen Gefangenen und der Pariser Commune.
Mit mehreren tausend Entschlossenen aus vielen europäischen Ländern haben wir am Morgen unmissverständlich klar gemacht: be aware, nehmt uns lieber ernst! Durch die zwar nicht geplante aber sich doch ergänzende Choreographie der unterschiedlichen Aktionsformen erhielt die Stadt Frankfurt am Vormittag eine neue Beschreibung. Ihr Metropolenausdruck war nun „Like Diamonds in the Sky.“
Später rächte sich der Staat an Blockupy. Heimtückisch, feige und gemein wie er nunmal ist. Fede war im Knast und die Blockupy-Prozesse folgten. Wir sind heute hier drei Jahre nach Blockupy und erinnern uns an beides: an unsere Erfolge, die wir durch eine kontinuierliche Bündnisarbeit zu verdanken haben. Von der Roten Hilfe, dem EA und den Sanitäter*innen-Strukturen, über Attac!, Antifas, bin hin zu den Roten Gruppen und anderen Initiativen haben wir spektrenübergreifend unsere antikapitalistische Kritik auf die Straße gebracht. Aber natürlich auch unsere Rückschläge: die Verbotszonen, die Verletzungen seitens der Polizei und die Festnahmen sowie Vorladungen und Verurteilung.
Auch wenn wir im Zweifel für den Zweifel sind, konnten wir dank Blockupy eine alte Gewissheit wieder auffrischen: die Frankfurter Linke kann Protest. Wenn sie will, dann kann sie auch.
Und wir als interventionistische Linke wissen, dass vor allem in Tagen wie diesen, wenn die deutsche Bundesregierung im Zuge ihrer Freundschaft mit der Türkei ihre herrschaftssüchtige Fratze zeigt, das Können nicht nur eine Frage des Wollens ist. Manchmal muss man auch einfach. Unsere Welt erfordert es. Unsere kämpfenden Genoss*innen brauchen es. Unsere Herzen für ein fröhliches Morgen ersehnen es.
Für den Kommunismus!
interventionistische Linke – FfM