18. März in Frankfurt

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Am 18. März wurde auf der Konstabler Wache eine kurze Protest- und Solidaritätskundgebung abgehalten. Transparente und Plakate aufgehängt, Zeitungen und Flugis verteilt und einige Reden gehalten. Später fand eine Solibar für die politischen gefangenen im Cafe ExZess statt.
Im Folgenden dokumentieren wir die gemeinsame Rede des Vorbereitungsbündnisses der Solidaritätstage.


Rede:

1848 stellte sich das entstehende Proletariat der Restauration der adligen Feudalherrschaft in Westeuropa entgegen und lehnte sich am 18. März 1871 – 23 Jahre später – zum ersten Mal breit aufgestellt erfolgreich gegen parlamentarisch-monarchistische Machtstrukturen auf. Die als Pariser Commune bekannte Bewegung, bei der die Arbeiter*innen zu den Waffen griffen und in der Folge für 71 Tage in einem begrenzten Rahmen eine selbstverwaltete Gesellschaft, frei von Unterdrückung und Ausbeutung, schufen, wurde von der militärisch hochgerüsteten Reaktion brutal niedergeschlagen. Trotz dieser Niederlage war und ist sie ein Kristallisationspunkt in der Geschichte der Arbeiter*innenbewegung. Bis ins frühe 20. Jahrhundert galt der 18. März als Tag der Commune. Die Niederschlagung der Arbeiter*innen in Paris markierte gleichzeitig den Aufbruch in eine Zeit, in der sich die Arbeiter*innenbewegung weltweit in ihrer ganzen Vielfalt entwickelte.

Auch ist sie ein Beispiel für die Brutalität und Härte, mit der staatliche Repression auf die Versuche der Emanzipation von Herrschaft und Unterdrückung reagiert: 20.000 Kommunard*innen wurden bei der Zerschlagung der Kommune ermordet, 13.000 meist in Kollektivstrafen zu lebenslanger Haft verurteilt. Auch deswegen rief die Internationale Rote Hilfe 1923 den 18. März zum „Internationalen Tag der Hilfe für die politischen Gefangenen“ aus, eine Tradition, der der Faschismus ein Ende bereitete.

1996 initiierte der „Libertad! für internationale Kommunikation und Solidarität“ zusammen mit der Roten Hilfe e.V. zum ersten Mal wieder einen Aktionstag für die Freiheit der politischen Gefangenen. Seitdem werden an diesem Tag vielfältige Aktionen und Veranstaltungen durchgeführt. Die Rote Hilfe e.V. versucht mit der Sonderausgabe zum 18. März den politischen Gefangenen eine Stimme zu geben, sowie verschiedenen Solidaritäts- und Antirepressionsinitiativen eine Plattform zu bieten, um die Themen „Staatliche Repression“ und „Politische Gefangene“ in die Öffentlichkeit zu tragen.

Denn es ist eine nicht bestreitbare Tatsache, dass – von der durch die bürgerliche Presse informierten Gesellschaft nicht wahrgenommen – es auch heute weltweit Tausende Gefangene gibt, die im Knast sind, weil sie gegen die bestehenden Verhältnisse kämpfen. Die bürgerlich-kapitalistischen Verhältnisse in Gesellschaft und Politik und die aus ihnen resultierende Ausbeutung, Unterdrückung und Ausgrenzung haben immer Widerstand hervorgerufen. Ob es der Kampf der Arbeiter*innenklasse für eine bessere Gesellschaft ist, der Widerstand gegen faschistische Organisationen und Tendenzen, der Kampf gegen Rassismus, gegen Sexismus, gegen Antisemitismus oder die Suche von Individuen oder Minderheiten nach Anerkennung ihrer Rechte – wer auch immer sich gegen die herrschenden Verhältnisse auflehnt und sie in Wort oder Tat in Frage stellt, wird über kurz oder lang mit Repression konfrontiert. Angefangen bei Schikanen und Polizeigewalt auf Demonstrationen, über Gerichtsverfahren gegen politisch Aktive, bis hin zur medialen Kriminalisierung von Protest und Widerstand, hat Repression viele Gesichter. Die Ziele, die sie verfolgt, ähneln sich jedoch: Es sollen die Herrschafts- und Eigentumsverhältnisse gesichert und „Recht und Ordnung“ durchgesetzt werden. Menschen, die Widerstand leisten, sollen vereinzelt, unter Druck gesetzt und von weiterer politischer Aktivität abgehalten werden. Das wohl wichtigste staatliche Repressionsinstrument, das oft den Schlusspunkt systematischer Attacken gegen linke Oppositionelle bildet, ist nach wie vor (neben Folter und Todesstrafe) der Knast. Er soll abschrecken, soll einschüchtern und bildet immer noch den Kern staatlich legitimierter Unterdrückungspolitik. Das Gefängnis soll durch dauerhafte räumliche und kommunikative Isolation die Betroffenen und ihr soziales Umfeld in ihren Lebensentwürfen treffen, sowie die Möglichkeiten ihrer politischen Arbeit einschränken.

Wir wollen das Bewußtsein für die Situation in den Gefängnissen und dessen System schärfen und ein weiteres Zeichen der Solidarität über die Mauern der Knäste und Lager schicken. Lasst uns die Namen der Folterbefürworter herausschreien, den Opfern der Vergeltungsjustiz Sonja und Christian zum Beispiel durch Prozessbeobachtung unsere Solidarität beweisen und politische Gefangene wie die ‚Cuban 5‘, Leonard Peltier und Mumia Abu-Jamal oder Masseninhaftierung in der Türkei (8000 politische Gefangene) nicht in Vergessenheit geraten lassen, sondern für sie weiter kämpfen!

Aber auch die jüngsten Ereignisse beweisen wie Protest und Widerstand immer wieder kriminalisiert und attackiert wird.
So zum Beispiel im Fall von Tim aus Berlin (wegen der Antinazi – Demo in DD) der ohne Beweise verurteilt wurde. Oder wie auch am Sonntag den 10.3. die Aktivisten der „Refugees’ Revolution Bus Tour“ von der Polizei in Köln, wie zuvor schon am 8.3 in Karlsruhe, heftig angegriffen und mit Pfefferspray, Schlagstöcken und Hunden traktiert wurden. Es wurden 19 Aktivist_innen verhaftet und drei schwer verletzt, sowie eine Aktivistin bewusstlos geschlagen!

Lasst uns nicht vergessen: Getroffen werden wenige – gemeint sind wir alle! Lasst uns weiter gemeinsam daran arbeiten, den Stimmen der Gefangenen und Verfolgten Gehör zu verschaffen und für Ihre Freiheit zu kämpfen!

Wir werden keine Ruhe geben, bis wir ohne Knäste leben!

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